Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Landesverband Brandenburg e. V.

Beispiele aus den Regionen zum Thema Fahrradinfrastruktur

Wir schauen uns inspiriernde Vorreiter und erschreckende Beispiele aus Cottbus, Neuruppin, dem Barnim und Eberswalde an.

Dabei zeigen die Beispiele deutlich, dass der Radverkehr noch nicht in allen Köpfen der Stadtverwaltungen angekommen ist.

Cottbus

In unseren beiden Beispielen aus Cottbus zeigt sich deutlich, dass der Radverkehr noch nicht in allen Köpfen der Stadtverwaltung angekommen ist. Einer der wichtigsten Knotenpunkte lässt Radfahrende und Fußgänger:innen warten und der Winterdienst ignoriert die Radwege.

Der Radverkehrt wird hintenangestellt und von anderen Verkehrsteilnehmenden ignoriert!

Einer der wichtigsten Knoten im Norden von Cottbus (Lagune-Kreuzung) wurde vor Jahrzehnten mit Bypässen für den rechtsabbiegenden KFZ-Verkehr in NS- und SN-Richtung ausgestattet. Menschen zu Fuß / per Rad müssen deshalb beim Überqueren in jegliche Richtung immer mehrere Anforderungsampeln abwarten. Rechtsabbiegende KFZ haben hingegen Dauergrün.

Ergebnis: Die schwächeren Verkehrsteilnehmer werden ungeduldig und sind gezwungen riskante Situationen einzugehen, um zeitnahe an ihrem Zeil anzukommen.

Unser Vorschlag: In anderen Städten, wie beispielsweise Köln, wurden solche Probleme an Knotenpunkten inzwischen behoben. Die problematischen Bypässe wurden mit Zebrastreifen und Radfurten ausgestattet. Die Ampeln wurden durch gelbe Warnleuchten für rechtsabbiegende KFZ ersetzt. Damit ist der Fuß- und Radverkehr gegenüber den rechtsabbiegenden KFZ bevorrechtigt. So müssen keine lebensgefährlichen Manöver mehr ausgeführt werden, da der Fuß- und Radverkehr nicht mehr gezwungen ist ewig zu warten.

Auf Antrag des ADFC gab es eine Begehung der Unfallkommission mit folgendem Ergebnis:

  • Der motorisierte Verkehr würde diese Bevorrechtigung der schwächeren Verkehrsteilnehmenden ignorieren. Dadurch folgt ein erhöhtes Unfallrisiko für den gesamten Fuß- und Radverkehr.
  • Nach Abwägung sei das Unfallrisiko auf einem gekennzeichneten Zebrastreifen nicht hinzunehmen für einige Sekunden Zeitgewinn für den Rad- und Fußverkehr.

Der Vorschlag des ADFC wird deshalb abgelehnt. Die Bedürfnisse der Radfahrenden werden von der Stadtverwaltung komplett missachtet!

Eine Leser:innenumfrage der LR und MOZ im Sommer 2023 (Mobilitätskompass) ergab, dass 77% der Teilnehmenden aus Cottbus den fehlenden Winterdienst auf Radwegen kritisieren. Ein Angestellter der Stadtverwaltung antwortete daraufhin, dass der "Winterdienst auf Radwegen nicht möglich sei und die nicht benutzbaren Wege nur ein paar Tage im Jahr eine kleine Einschränkung wären" und er „empfiehlt in dieser Zeit die Öffentlichen Verkehrsmittel" zu nutzen.

Der ADFC in Cottbus ist empört.

Neuruppiner Seedamm

Dieses Beispiel beweist, dass bei der Planung der Infrastruktur die Sicherheit des Radverkehrs außer Acht gelassen wird. Während Autos eine breite Fahrspur haben, müssen sich alle anderen Verkehrsteilnehmende auf zu enge Wege drängen oder große Umwege in Kauf nehmen.

Unser großer "Ruppiner See", mit 14km Länge, ist der längste See Brandenburgs. Durch seine extreme Länge stellt er eine Barriere dar und es fallen in Ost-West-Richtung Umwege von 10 bis 20 km an, um in die Kernstadt von Neuruppin zu gelangen.

Es existiert zwar einen "Seedamm", welcher im Jahr 2000/2001 erneuert wurde, um den See zu überqueren. Dieser zeigt allerdings hervorragend, wie falsch die Prioritäten im Straßenverkehr gesetzt sind. Der Kfz-Verkehr hat zwei vollständige Fahrbahnen mit 5,5m bis 6m Breite, während der Fuß- und Radverkehr sich mit der Restbreite von nur 1,5m begnügen muss.

Ergebnis: Das Radfahren an dieser Stelle ist weder sicher noch bequem, vor allem Kinder und Ältere sowie zweispurige Räder und Anhänger leiden unter der bestehenden Gefahr und sind eingeschüchtert.

Unser Vorschlag als Regionale Planungsgruppe des ADFC: eine große Lösung

  • Neubau von zwei Radbrücken für Fuß und Rad
  • Verbreiterung der Vorhandenen Fläche für Fuß und Rad um min. 0,5m durch eine Anrampung

Jeweils auf der Südseite des Seedamms.

 

Gemeinsames Reisen

Kombination aus Rad und Bus- Erfolgreicher Start des Pilotprojekts. Radfahrende in Barnim freuen sich über das neue Angebot zur Fahrradmitnahme im öffentlichen Nahverkehr.

Im Dezember 2022 startete das Pilotprojekt der Barnimer Busgesellschaft in Verbindung mit dem ADFC. Dieses Projekt verwirklicht den Wunsch der Radfahrenden das Rad auch in Verbindung mit dem Bus nutzen zu können. Nach einer erfolgreichen Testphase zieht die örtliche Regionalgruppe des ADFC Eberswalde ein erstes Fazit.

  • Die Möglichkeit zur Fahrradmitnahme stellt ein attraktives Angebot für alle Radbegeisterte dar. Egal ob berufliche Pendler oder Freizeitfahrende, alle nutzen das neue Angebot.
  • Die Fahrradmitnahme im Bus ermöglicht Radfahrenden mehr Freiheit und Flexibilität im Alltag und bietet die Chance sich auch auf dem Land umweltfreundlich fortzubewegen.
  • Gerade in der dunklen Jahreszeit, bei schlechtem Wetter oder einer Panne bietet die Fahrradmitnahme im Bus die Möglichkeit, längere Strecken bequem zurückzulegen.

Christian Wappler aus Werbelin ist nach seiner ersten Erfahrung mit dem Rad im Bus begeistert:

Die Fahrradmitnahme im Bus ermöglicht es mir mein Auto stehen zu lassen, mit dem Bus in die Stadt zu fahren und dort flexibel mit dem Rad meine Erledigungen zu machen. Auf dem Rückweg fahre ich dann gerne mit dem Rad, so bin ich nicht an die Busfahrzeiten gebunden und dadurch meist schneller, als wenn ich auf den Bus warten müsste und zudem habe ich mich noch ausreichend an der frischen Luft bewegt.

Es kam auch nicht zu den befürchteten Konflikten um den knapp bemessenen Platz in den Bussen. Dieses Projekt ist der Beweis, dass eine gemeinsame Nutzung von Radfahrenden und Reisenden möglich ist. Wichtig ist nur: Ist der Platz einmal knapp, gib ihn an Kinderwägen und Rollstühle ab!

Doch auch dieses Projekt ist ausbaufähig, denn:

  • Die Gemeinde unterstützt dieses Projekt nicht. Es wird keine Werbung ausgehangen und so wissen nur wenige von der neuen Möglichkeit.
  • Die Radfahrende sind verunsichert. Sie stellen sich die Fragen: Kommt ein Bus, der die Mitnahme von Rädern ermöglicht? Gibt es genug Platz im Bus?

Im Großen und Ganzen ist der ADFC stolz auf dieses Projekt.

 

Sicher und modern - Fahrradparkhaus Eberswalde

Sicher abstellen: Das Fahrradparkhaus in Eberswalde ermöglicht das sichere Abstellen der Fahrräder und somit eine entspannte Weiterfahrt.

Der Eberswalder Bahnhof ist schon heute Dreh- und Angelpunkt für viele Pendler.  Im Jahr 2022 wurde ein Fahrradparkhaus mit zwei Etage eröffnet. Es bietet eine sichere, trockene und vor allem unkomplizierte Abstellmöglichkeit für 604 Fahrräder, so dass die Reisende ihre Weiterfahrt beruhigt mit dem Zug antreten können.

Das Fahrradparkhaus ist zudem sehr fortschrittlich und bietet eine Menge Komfort. Durch die Eigenstromversorgung dank 18 PhotovoltaikModule auf dem Dach, sorgen die 103 LED-Leuchten für ausreichend Licht im Dunkeln. Außerdem gibt es sichere abschließbare Boxen, welche teilweise mit Strom für die E-Bikes ausgestattet sind. Auch an Lastenräder und Anhänger ist gedacht worden, denn auch sie finden einen entsprechenden Parkplatz.

Das Bauwerk wurde 2022 mit dem deutschen Verkehrswendepreis ausgezeichnet und erhielt auch im Rahmen des deutschen Ingenieurbaupreises eine Auszeichnung.

 

Neues Projekt geplant: RadBrückenSchlag Eberswalde

Die Stadt Eberswalde ist ein Vorreiter im Thema Radinfrastruktur. Eine Fahrradbrücke ermöglicht es den südlichen Stadtteil direkt zu erreichen.

Mit der neuen ca. 300m langen Fahrradbrücke wird die Stadt Eberswalde erstmals eine Direktverbindung für den Rad- und Fußverkehr zum Hauptbahnhof hin und zurück geschaffen. Durch diesen neuen Mobilitätsknotenpunkt können Radfahrende und Fußgänger erstmals die südlichen Stadtteile direkt erreichen.

Die Brücke wird mit befahrbaren PhotovoltaikModulen ausgestattet und funktioniert somit autark. Dieses Konzept ist einmalig und wird wichtige Erkenntnisse zur Weiterentwicklung liefern. 

Bürgermeister Götz Herrmann:

Das Vorhaben RadBrückenSchlag ist nicht nur für die Stadt Eberswalde ein herausragendes und bedeutendes Projekt, sondern aufgrund der damit verbundenen Wirkung auch für den gesamten Landkreis und das Land Brandenburg modellhaft.

Der Beginn des RadBrückenSchlags ist für das erste Quartal 2025 geplant.

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